Martin Scorseses Film „Taxi Driver“ handelt vom von der
Gesellschaft ungesehenen, ungeliebten, unverstandenen Travis, der in seiner
scheinbaren Ohnmächtigkeit gegenüber „dem Abschaum der Nacht“ zum Mittel der
Selbstjustiz greift. Diese Thematik des Aufstandes der „politisch
Unverstandenen“ ist in Deutschland aktuell so populär, das sich jeder
unschuldige Fußgänger mindestens einen Halbsatz Meinung dazu abringen könnte. So
wurde die Nominierung des Theaterhauses Jena (Das Theaterstück zum Film) 40
Jahre in die Zukunft verschoben und Travis stellte man in die Reihen der
mistgabelschwingenden Pegida-Anhänger. Ein komplett logischer Schritt, der
durch die großzügig verteilten Interpretationsspielräume glücklicherweise
relativiert wird.
Die Bühne ist mit schwarzer Folie ausgelegt, wegen dem
Wasser das darauf verteilt ist, und im Hintergrund hängen 4 lange Stoffbahnen,
die die Projektionsfläche für den Ablauf einer Maschine bilden. Versetzt stehen
drei Männer im Vordergrund und leiern den Traum von einem fiktivem Idyll
herunter. Früh wird klar, dass diese Männer verschiedene Charakterzüge ein und
derselben Person verkörpern. Travis ist zwischen Naivität, jugendlichem Tatendrang
und der Suche nach irgendeiner Identität geteilt. Dadurch ist er einerseits als
gebrochene Persönlichkeit illustriert, aber zeigt auch gleichzeitig die
Vielfältigkeit der Menschen in seiner Situation. Seinem Leben fehlt der Sinn,
so dass er seine Arbeit bereits zum Selbstzweck erhoben hat. Innerhalb seiner
Suche kommt er, über eine Station in einem Pornokino mit einem wirklich
ausgezeichneten Programm, bei einer Frau, in unschuldig, jungfräulichem
Brautkleid gewandet, an. Von ihr bekommt er natürlich eine Abfuhr, die den
Impuls für seine aktiven Bestrebungen gegen alle Diversität auf den Straßen der
Stadt bietet. Gefüttert wird er durch die Phrasen der konservativen bis
rechtsextremen Stimmen unserer und vergangener Zeiten, die teilweise sehr gut in
den Text eingebaut wurden, aber vor allem zu Beginn etwas erzwungen wirkten.
Diese erklingen mit besonderem Adressat ans Publikum. Zu nehmend entfernt sich
das Stück von der Filmvorlage und wird proportional dazu abstrakter. Nun kann
man Traum und Realität oft nicht mehr voneinander trennen, muss man aber auch
nicht, da beide auf gleiche Weise die Entwicklung des Protagonisten darstellen
und vorantreiben. Das Stück endet mit einem Schuss der den nichtsnutzigen
Politikern galt und einem Hauch von Zweifel, der ihm gestattet wurde.
Besonders durch die drei Teile des Protagonisten werden
seine Persönlichkeit und sein Werdegang so facettenreich dargestellt, dass man
ihn versteht, aber ihm dennoch niemals vergeben würde. Da die Problematik der
Selbstjustiz, Fremdenfeindlichkeit und Politikverdrossenheit zurzeit im
kollektiven Bewusstsein verankert ist, bleibt die Frage was ein Zuschauer neues
daraus mitnehmen konnte. Einerseits war es der erhobene Zeigefinger, den man
meistens zu eitel ist dankend anzunehmen, aber auch das Innenleben eines
einzelnen Mannes der montäglichen Massen, denn im Zeichnen eines exakten
Psychogrammes von Travis ist das Stück dem Film erfolgreich treu geblieben. Die
Bilder des Stückes und das Spiel der Schauspieler bildeten eine so beklemmende
Widerwärtigkeit auf der Bühne, die sich auf die meisten Plätze des
Zuschauerraums auszubreiten vermochte, dass man besonders die Atmosphäre in
Erinnerung behalten wird.
Abschließend kann ich nur auf die zwei zurecht verdienten AVANT ART Preise verweisen.