23.10.2016

TAXI DRIVER



Martin Scorseses Film „Taxi Driver“ handelt vom von der Gesellschaft ungesehenen, ungeliebten, unverstandenen Travis, der in seiner scheinbaren Ohnmächtigkeit gegenüber „dem Abschaum der Nacht“ zum Mittel der Selbstjustiz greift. Diese Thematik des Aufstandes der „politisch Unverstandenen“ ist in Deutschland aktuell so populär, das sich jeder unschuldige Fußgänger mindestens einen Halbsatz Meinung dazu abringen könnte. So wurde die Nominierung des Theaterhauses Jena (Das Theaterstück zum Film) 40 Jahre in die Zukunft verschoben und Travis stellte man in die Reihen der mistgabelschwingenden Pegida-Anhänger. Ein komplett logischer Schritt, der durch die großzügig verteilten Interpretationsspielräume glücklicherweise relativiert wird. 











Die Bühne ist mit schwarzer Folie ausgelegt, wegen dem Wasser das darauf verteilt ist, und im Hintergrund hängen 4 lange Stoffbahnen, die die Projektionsfläche für den Ablauf einer Maschine bilden. Versetzt stehen drei Männer im Vordergrund und leiern den Traum von einem fiktivem Idyll herunter. Früh wird klar, dass diese Männer verschiedene Charakterzüge ein und derselben Person verkörpern. Travis ist zwischen Naivität, jugendlichem Tatendrang und der Suche nach irgendeiner Identität geteilt. Dadurch ist er einerseits als gebrochene Persönlichkeit illustriert, aber zeigt auch gleichzeitig die Vielfältigkeit der Menschen in seiner Situation. Seinem Leben fehlt der Sinn, so dass er seine Arbeit bereits zum Selbstzweck erhoben hat. Innerhalb seiner Suche kommt er, über eine Station in einem Pornokino mit einem wirklich ausgezeichneten Programm, bei einer Frau, in unschuldig, jungfräulichem Brautkleid gewandet, an. Von ihr bekommt er natürlich eine Abfuhr, die den Impuls für seine aktiven Bestrebungen gegen alle Diversität auf den Straßen der Stadt bietet. Gefüttert wird er durch die Phrasen der konservativen bis rechtsextremen Stimmen unserer und vergangener Zeiten, die teilweise sehr gut in den Text eingebaut wurden, aber vor allem zu Beginn etwas erzwungen wirkten. Diese erklingen mit besonderem Adressat ans Publikum. Zu nehmend entfernt sich das Stück von der Filmvorlage und wird proportional dazu abstrakter. Nun kann man Traum und Realität oft nicht mehr voneinander trennen, muss man aber auch nicht, da beide auf gleiche Weise die Entwicklung des Protagonisten darstellen und vorantreiben. Das Stück endet mit einem Schuss der den nichtsnutzigen Politikern galt und einem Hauch von Zweifel, der ihm gestattet wurde. 









Besonders durch die drei Teile des Protagonisten werden seine Persönlichkeit und sein Werdegang so facettenreich dargestellt, dass man ihn versteht, aber ihm dennoch niemals vergeben würde. Da die Problematik der Selbstjustiz, Fremdenfeindlichkeit und Politikverdrossenheit zurzeit im kollektiven Bewusstsein verankert ist, bleibt die Frage was ein Zuschauer neues daraus mitnehmen konnte. Einerseits war es der erhobene Zeigefinger, den man meistens zu eitel ist dankend anzunehmen, aber auch das Innenleben eines einzelnen Mannes der montäglichen Massen, denn im Zeichnen eines exakten Psychogrammes von Travis ist das Stück dem Film erfolgreich treu geblieben. Die Bilder des Stückes und das Spiel der Schauspieler bildeten eine so beklemmende Widerwärtigkeit auf der Bühne, die sich auf die meisten Plätze des Zuschauerraums auszubreiten vermochte, dass man besonders die Atmosphäre in Erinnerung behalten wird. 





Abschließend kann ich nur auf die zwei zurecht verdienten AVANT ART Preise verweisen.