15.06.2014

RÜCKSPIEL: Gespräch zu den Festivalinszenierungen

Ein Format zum Nachgespräch

Die Offene Redaktion versprach viel. Jonas Feller, Stephan Mahn, Vincent Müller und Wilhelm Wittig wollten ganz ehrlich sprechen. 75 Minuten. So ehrlich, wie sie es in Hildesheim tun, am WG-Küchentisch. Bei Bier. Bier gab's bei diesem Nachgesprächsformat "en masse", denn es bildete den mit 25 Cent dotierten Preis. Im Vorfeld wurden von allen Festivalteilnehmern Preiskategorien gesammelt. Nach diesen Kategorien wurden vor dem Basislager draußen auf dem Theatervorplatz die ersten fünf Preise vergeben, dann setzte Regen ein, es musste ins Foyer umgezogen werden. Dort ging es weiter.
Die Preise wurden unter Anderem verliehen für das Mutigste, was auf der Bühne gesagt wurde, oder den Most Magic Moment (der an "Sternenhagel" für das Schiffchen-Mobile ging, das vor aller Augen im Baum gehangen hatte und doch von niemandem bemerkt worden war), aber zum Beispiel auch für das politisch unkorrekteste Stück. Wer die Biere bekam, wurde größten Teils von der Rückspiel-Jury entschieden, außer in Pattsituationen – bei denen durfte das Publikum mit abstimmen. Nominiert wurde jedoch ausschließlich von den vier Hildesheimern. In das Geschehen selbst konnte dann nur durch Joker eingegriffen werden, die im Vorhinein auf Wellpapptafeln an einige Gruppen bzw. Zuschauer verteilt worden waren. Unter anderem wurde der Joker "Tänzerische Rekapitulation" eingesetzt, woraufhin die Jury ihre Empfindungen zu "Kabale und Liebe" vortanzen musste.

Das Basislager-Team am Freitagabend im Garten der musealen Rudolstädter Bauernhäuser bei der Vorbereitung auf die nächsten Zuschauerbefragungen ...
Dieses Format "Rückspiel" sowie das Basislager gehörten zu einem von den vier Jungs selbst überlegten Konzept. Sie hatten bemerkt, dass in dem Avant-Art-Programm Nachgespräche nicht eingeplant waren, hielten diese aber für notwendig. Daraufhin sandten sie ihren Vorschlag an das Planungsteam vom Thüringer Theaterverband und dieses war davon angetan, nahm es ins Programm auf. 
Im so genannten Basislager gab es also während des ganzen Festivals, vor allem nach den Vorstellungen, die Möglichkeit zum Gespräch. Kaffee und Knabbersachen standen bereit. Auch Aspirin. Papier und Stift wollten für Kommentare benutzt werden. Wann immer ich am Lager vorbei kam, erreichte mich durch irgendeinen der Jungs eine steile These zum Stück oder eine Frage, die mich sofort in einen Meinungsaustausch hineinzog.

...und bei der offiziellen Preisübergabeveranstaltung zwischen Moderator Christian Schröter (links) und Theaterverbandsvorsitzendem Frank Grünert (rechts)
Fazit: Das Konzept ging auf und dieses Nachgesprächsformat wurde dankend angenommen. Das Lager war jederzeit von einer Traube Festivalteilnehmer umgeben. Die versprochene Ehrlichkeit und Subjektivität war da, obwohl sie teilweise verletzte. Vielleicht sollte jeweils auch nur durch eine provokante These das Gespräch angeheizt werden.
Imke Bachmann