12.06.2014

AVANT-ART-ERÖFFNUNG AUF DEM RASEN

WM und Anpfiff

Donnerstag, 12.06.2014. Kann es an diesem Abend ein anderes Thema geben als Fußball? Äh… ja. Doch. Durchaus.
Oder? Klar doch: In Rudolstadt startet das „Avant Art Festival“ des Thüringer Theaterverbands. Der Theatervorplatz hat ein buntes und tatendurstiges Völkchen angezogen, an gelben, roten oder weißen Halsbändern flattern gelbe Kärtchen. Herzliche Begrüßungen hie, Wiedersehens-Umarmungen da, sondierende Hallos dort. Es geht auf 19 Uhr, Spannung liegt in der Luft, voller Ungeduld hüpfen illuster kostümierte Menschen hin und her. Manches lockere Gespräch wird erwartungsvoll kurz unterbrochen – und dann doch wieder aufgenommen. 
Die Ankunft der "theatralischen Fackel" in der Theatersportarena Rudolstadt

Oh nein – was ist das denn jetzt? Am Rand eines aufs Gras gemalten Mini-Fußballfelds mit winzigen Toren pfeift Moderator Steffen Wilhelm zum Fußball-Match! Sind wir versehentlich auf der falschen Veranstaltung? Ach nein: Der Vorsitzende des Thüringer Theaterverbandes Frank Grünert hatte ja gerade in seiner Begrüßungsansprache scherzhaft auf die Parallelen zur Fußball-WM hingewiesen.
Zwei dreiköpfige Mannschaften treten nun auf der Theatersportarena mit hohem Kampfgeist gegeneinander an und in Zeitlupe gegen den Ball und die Waden der Kontrahenten. Nie zuvor so gesehene Fouls heizen die Stimmung auf, zwingen die mit harten Bandagen bolzenden Kämpen des Jenaer Rababakomplotts zu Strafbankaufenthalten, die sie mit strengen Auflagen und Bravour improvisierend absitzen und absingen. 
Nach nicht minder chaotischer zweiter Halbzeit wird die Siegermannschaft willkürlich festgelegt, nur um das Siegerpodest sogleich dem Oberbürgermeister und Vertretern von BDAT und Landestheater für kurze Fest- und Losereden zu überlassen, die den Ball nun doch wieder zurück ins Feld von Theater, Kunst und Gesellschaft spielten. BDAT-Referent und Mitjuror Stephan Schnell übersetzte das Festivalmotto richtig als „Kunst voran“ und lobte die Einzigartigkeit dieser hier zugrunde liegenden Zusammenarbeit zwischen Amateur-, freiem und Landestheater, die beispielhaft gegen den politischen Trend stehe, Kultur und Kunst zunehmend nur noch als „nice to have“ zu behandeln, als etwas, zu dessen Kürzung die Dauerkrise einen wohlfeilen Anlass bietet.
Nach WM, pardon: Warm-Machen, allmählich Zeit, jetzt auch die erste der prämierten und nominierten Inszenierungen des Festivals zu zeigen, für die noch der schwer vorhersagbare Publikumspreis zu ermitteln ist.
Kay Gürtzig